Montag, 17. Februar 2014

Kurt und Luise Moor-Köppel, Hobby-Ornithologen, Widnau, pensioniert













Vor gut 50 Jahren kam Kurt Moor aus beruflichen Gründen ins Rheintal und lernte hier seine Frau kennen. Über den Naturfreundeverein entdeckte er sein Interesse an einheimischen Vogelarten und kannte mit der Zeit jeden Vogel am Gesang. Gemeinsam mit seiner Frau pflegt er auch heute noch sein Hobby.
Sie beide bekümmert, dass in der Zwischenzeit zwölf einheimische Vogelarten ausgestorben sind. Die Ursache sehen sie vor allem im zunehmenden Siedlungsdruck und in der intensiven Landwirtschaft.
Als Mitglied des Verein Pro Riet, des Vereins Lebensraum Rheintal und des Naturschutzverein Alta Rhy Diepoldsau setzen sie sich für bessere Bedingungen für einheimische Vogel- und andere Arten ein. Sie haben bei sich selber begonnen und haben vor 16 Jahren auf dem Dach Photovoltaik- und Solarthermiekollektoren montiert und pflegen einen Wildgarten um’s Haus. Zudem sind beide passionierte Fahrradfahrer.

„Sobald ich ins Rheintal gezogen war, suchte ich in der einheimischen Bevölkerung Kontakt und kam so zum Naturfreundeverein. Ich machte bald einmal deren Hüttendienst auf dem St.Anton und begann mich auf meinen Wanderungen dorthin für die Gesänge der Vögel zu interessieren.“

„Als die Ziegeleifirma Schmidheiny das Gebiet Moosanger nach beendeter Lehm-ausbeutung abstossen wollte, kümmerte sich der Ornithologische Verein Widnau darum. Mit der Zeit wurde das Gebiet zum Naturschutzgebiet mit nationaler Bedeutung. Es sangen im Frühling der Sumpf- und Teichrohrsänger, die Rohrammer, der Pirol, auch der  durchziehende Feldschwirl machte sich bemerkbar. Im Moos-anger leben auch viele Amphibien und Reptilien.“

„Um die stillgelegten Torfabbaugebiete Spitzmäder und Bannriet war zu Beginn ein Riesenkampf. Ich und andere sammelten Daten und gaben sie dem Verein Pro Riet weiter. Wir wollten der Bevölkerung aufzeigen, wo noch was lebt. Wir halfen mit im erfolgreichen Kampf, das Bannriet unter Schutz zu stellen. In diesem Verein bin ich deshalb heute noch aktiv. Aktuell führt der Verein Pro Riet Gespräche mit Bauern, auch mit der Melioration, um die Landschaft mit wenig Mitteln ökologisch zu ver-bessern.“

„Im Verein Lebensraum Rheintal sind wir Förster, Jäger, Fischer und Naturschützer eine zusammengewürftelte Truppe, die austauscht und Veranstaltungen wie Exkur-sionen und Informationsstände organisiert. Es sind auch gewaltig viele Fischarten verschwunden. Unser Rhein ist eigentlich ein öder Kanal, auch der Binnenkanal. Es fehlen Flach- und Hinterwasserzonen, Sandbänke und Überschwemmungszonen. So wie das mit dem Projekt Rhesi geplant ist.“

„In den vergangenen 50 Jahren sind alle Bodenbrüter verschwunden wegen der intensiven Landwirtschaft. Das muss man schon beinahe als verheerend bezeichnen. Die vorgeschriebenen Ökoflächen sind zu klein, um ihnen Lebensgrundlage sein zu können. Die Feldlerche zum Beispiel war früher ein Charaktervogel des Rheintals mit über 100 Brutpaaren. Vor drei Jahren hörte ich im Meientratt das letzte Exemplar. Auch Kiebitz, Brachvogel, Braunkehlchen, Grauammer, Wachtel, Nachtigall, Wiedehopf, Steinkauz, sind alle verschwunden. Manchmal kommt es mir vor, als hätte man bei uns wie in den USA mit den Riesenfeldern ohne Vögel und Insekten den stummen Frühling eingeleitet.“

„Früher waren die Parzellen der Bauern kleiner, wilder, mit Stauden und Kopfweiden bewachsen. Mit der distanzmässig sinnvollen Melioration und den damit einherge-henden Zusammenlegungen begann die Verarmung. Dass Düngemittel und Pestizide einen Einfluss haben, kann schon sein. Wenn, dann indirekt auf die Insekten, die Nahrungsquelle der Vögel.“

„Der Siedlungsdruck hat ebenfalls zum Verschwinden beigetragen. Früher waren in Widnau noch beinahe 10'000 Obstbäume, heute vielleicht noch 100. Gartenrot-schwanz, Grauschnäpper und Kleinspecht sind so im Dorf ausgestorben. Mit dem Entscheid, nicht weiter Bauzonen einzuzonen, können die noch vorhandenen Grünflächen erhalten bleiben und das Artensterben wahrscheinlich gestoppt werden. Der Verkehrslärm hingegen macht den Vögeln nichts, sie ändern einfach ein wenig den Gesang.“

„80'000 zusätzliche Leute jährlich in der Schweiz, das ist eine Katastrophe, nur schon was den Bodenverbrauch angeht. Diese Menschensilos, all dieser Beton, die Jungen haben ja keinen Lebensraum mehr. Sie kennen die Natur nicht mehr und verarmen seelisch. Krankheiten wie Krebs und psychische Störungen nehmen stark zu, woher wohl? Alles muss schnell gehen, in den Betrieben ist ein Stress wie verrückt, in der Freizeit machen sich die Leute den Stress noch selber. Die Leute sind heute so abgestumpft, dass sie die Einzelheiten in der Natur nicht mehr sehen und die Vögel nicht mehr hören.“

„Wenn man ins Werdenbergische geht und mit den Leuten wegen Verbesserungen redet, ist das anders als hier in Widnau. Dort ist man noch naturverbundener. Die Gemeindepräsidentin von Widnau hatte uns jedoch vorgeschlagen, im Dorf einen Informationspfad zu machen. Jetzt gibt es den Grünen Pfad. Auch leite ich die Gruppe Silberwide, eine Gruppe Pensionierter, welche für die Gemeinde Arbeiten in der Natur verrichtet.“

„Ich wollte einen Beitrag zum Atomausstieg leisten und produziere seit 16 Jahren auf dem Dach einige Kilowattstunden Strom, ein wenig über unseren eigenen Verbrauch hinaus, zudem etwas Wärme. Ich hoffte, dass das einige mitreissen würde, doch erst jetzt geht es langsam vorwärts, wo die Gemeinde auf den Schulhäusern Solarzellen montiert.“

„Photovoltaik auf Bauernhofdächern sollte man mehr fördern, statt wie am Walensee beabsichtigt, Riesenflächen am Fels zu verbauen. Wer heute baut, sollte eigentlich Strom und Wärme zur Selbstversorgung selber produzieren. Es gibt ja heute die Nullenergiehäuser.“